Ab sofort wollen wir euch unterschiedliche Sichtweisen zum Thema Innovation vorstellen. Dafür haben wir uns vier Fragen überlegt, die wir an verschiedene Innovations-Expert:innen stellen. Die Ergebnisse präsentieren wir euch hier. Los geht’s mit Hans Sailer, dem Gründer des Innovationsnetzwerks „INNOX“.

Hans begann nach seinem Studium im Außendienst, hatte Stationen bei Telekom Austria, aber auch im Controlling- und Marketing & Sales-Bereich, bevor er beim Thema Unternehmensberatung landete und dort auf sein Thema stieß: Innovation.

Mit dem Staatspreis samt Auszeichnung in der Tasche begann er Events zum Thema Innovation zu organisieren, knüpfte viele Kontakte und siehe da – seit mehr als zehn Jahren betreibt er sein Netzwerk „INNOX“, eine Austauschplattform für Unternehmen und Innovationsleute, die einander mit Erfahrung, Rat und Tat zur Seite stehen, die sich zu immer wieder neuen Themen Inputs holen und so stetig weiterentwickeln. Weil Innovation eben niemals fertig ist.

Was bedeutet Innovation für dich?

Wenn ich es ganz kurz sagen müsste, dann gefällt mir: „Innovation ist, wenn der Markt Hurra schreit“, d.h. wenn mit dem neuentwickelten Produkt, einer Dienstleistung, einem Prozess Geld verdient wird bzw. Kosten eingespart werden können. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich drei Arten erwähnen:

  • Effizienz-Innovationen: gemeint ist damit oft die Optimierung von Prozessen;
  • Inkrementelle Innovationen: Stetige Verbesserungen durch neue Produktfeatures, neue Funktionen, neues Design – in einem bestehenden Markt durch bestehende Technologien, z.B. die Weiterentwicklung von Fernsehern, Smartphones etc.;
  • Radikale Innovationen: Wenn neue Technologien, Dienstleistungen oder Businessmodelle neue Märkte erschließen – zum Beispiel die Erfindung des Flugzeugs hat eine völlig neue Art des Reisens ermöglicht und damit nicht nur eine neue Industrie, sondern auch einen neuen Markt.

Was ist Innovation NICHT?

Eine Idee ist für mich keine Innovation – denn wenn man sich überlegt: Was ist eigentlich der Wert einer Idee? Dann kommt man schnell zu dem Schluss, dass der Wert Null ist. Jeder, der eine Idee umsetzen musste, weiß, dass in eine Idee Energie, Arbeit, Hirn, Zeit, oft Geld, Kooperationsfähigkeit usw. gesteckt werden müssen, um Neues zu schaffen. Das passt also nicht zu meiner eingangs gemachten Definition von Innovation. Der Begriff Innovation wird leider überaus defizitär verwendet und im Marketing ist plötzlich gerne alles innovativ. Wenn man da begrifflich sauber bleiben möchte, muss man aufpassen.

Warum sollte ein Unternehmen innovativ sein?

Das ist ganz einfach ein Zyklus: Man erfindet etwas und verdient damit Geld, dann verbessert man das Produkt/die Dienstleistung stetig und ist der Konkurrenz voraus – auch hier verdient man gutes Geld. Dann ist die Konkurrenz auf einmal einfallsreich, produziert günstiger, bringt Neuerungen, die Umsätze beginnen zu sinken und man muss sich etwas Neues einfallen lassen. Also entweder innoviert man das bestehende Produkt besser als die Konkurrenz, oder man probiert einen neuen Markt zu erobern, zu schaffen. Wenn man lange am Markt überleben möchte, ist man also gezwungen, innovativ zu sein.

Welche Voraussetzungen braucht Innovation?

Das ist nicht leicht zu beantworten, weil viele Faktoren für die Entwicklung eines „Super Sellers“ verantwortlich sind. Ich werde nicht alle aufzählen können, aber hier sind einige Voraussetzungen, die leider für eine Firma kein Spaziergang sind und sich in drei Phasen finden:

  1. Set-up-Phase: Hier wird die Basis gelegt, damit Innovationen entstehen und umgesetzt werden können. Es beginnt mit der Risikobereitschaft des Managements sowie der Klärung der Frage, ob die Innovationsthemen zur Strategie des Unternehmens passen; weiters ob ein ausreichender Kundennutzen belegt werden (verfolgt man keine falschen Ziele); ob die internen Prozesse so aufgesetzt sind, dass abteilungsübergreifend gut zusammengearbeitet werden kann (viele Firmen wissen aus leidvoller Erfahrung, was bisher die Show Stopper für Innovationsprojekte waren). Ma muss prüfen: Habe ich das nötige Know-how im Haus, wie ernsthaft bleibe ich dran, wenn nicht gleich alles top läuft (Risikobewertungen anpassen).
  2. Value Creation-Phase: Hier wird der Wert des Produkts oder der Dienstleistung entwickelt. Folgende Punkte sind zu klären: Konzentriert man sich auf ein paar ausgesuchte Projekte? Welche genau? Sorgt man dafür, dass die Geschwindigkeit von Entscheidungen nicht zur Bremse wird? Hat man interne Ressourcen sichergestellt? Sind die Teams richtig besetzt? Hat man die richtigen Talente oder ein gutes Ökosystem (Start-ups, Anwender Unis, Know-how-Träger), die man nutzen kann?In klassisch hierarchischen Unternehmen braucht es dafür Autonomie, Freiheit und Macht, um Themen voranzubringen. Spielregeln für radikale Innovationen und motivierende Minibudgets können dabei hilfreich sein.
  3. Value Capture: In dieser Phase wird der geschaffene Wert für das Unternehmen kommerzialisiert, aus einem Prototyp wird ein Produkt oder eine Dienstleistung. Dazu muss geprüft werden: Sind die Voraussetzungen gegeben, dass das Neugeschäft sich in die Organisation integrieren lässt? Ideal ist, wenn das Kerngeschäft des Unternehmens als erster Kunde genutzt werden kann und so schnell Referenzen vorgezeigt werden können – wie ist die Übergabe von Entwicklung in den Vertrieb aufgebaut? Sind die richtigen Anreize für den Vertrieb gesetzt? Ist man auf der richtigen Vertriebsschiene, suchen Kund:innen das Produkt genau da? Selbst hier kann noch viel schiefgehen, auch wenn man ein Top-Produkt entwickelt hat. Außerdem gehört dann das Quäntchen Glück dazu, dass man zur richtigen Zeit mit dem richtigen Produkt am Markt auftritt. Es tut weh, ein Produkt zu haben, das seinem Markt voraus ist – denn nicht jeder hat den langen Atem, wenn die Entwicklung des Marktes/der Nachfrage länger dauert als gedacht. Ich selbst habe das 2011 nach dem Staatspreis für Elektromobilität gesehen, als wir in einem Konsortium eine Ladestation und ein Abrechnungssystem entwickelt hatten – es dauerte Jahre, bis erste Städte dafür gewonnen werden konnten und erst nach mehr als zehn Jahren hat ein Visionär aus dem Konsortium dann damit gut Geld verdient.

Ich hoffe, ich konnte einige Voraussetzungen ansprechen und damit aufzeigen, dass der Erfolg viele Mütter und Väter hat und für Innovationen viele Voraussetzungen erfüllt werden müssen.

Lieber Hans, vielen Dank für deine Ausführungen und das Teilen deiner Erfahrungen.